Das immer wiederkehrende Leitbild der Reduktion ist ein Schlüssel zum Verständnis der modernen Architektur. In der Spannung zwischen dem bestimmenden Einfluss von Zweckrationalität, Säkularisierung, Technik und Naturwissenschaften und einem zunehmend verdrängten und dann doch wieder kompensierten Bedürfnis nach Spiritualität und „Geistigem“, dient Reduktion der Versöhnung, durch sie sollen dialektische Spannungen in der Moderne überbrückt werden. Dies lässt sich insbesondere anhand der Beiträge zum Kirchenbau in der kurzen Phase der Nachkriegszeit darlegen, da hier die unterschiedlichen Dimensionen der Reduktion zum Tragen kamen. In dieser Zeit, in der die Kirchen mitunter den Status von Leitinstitutionen innehatten, stand Reduktion weniger für die materielle Not, sondern vielmehr für eine Besinnung auf geistige Grundlagen, woraus eine Legitimationsstrategie entstand, die vornehmlich Architekten vertraten. Die damit verbundenen Wertvorstellungen wurden von ihnen gleichermaßen auf die Bauwerke wie auch auf die Gesellschaft übertragen. Insofern lieferten Architekten wie Rudolf Schwarz und Otto Bartning Beiträge zu fortwährenden Themen des Kirchenbaus, wie z. B. der Frage, wodurch eine Kirche in der Moderne ihre notwendige Sakralität erhält. Zugleich beteiligten sie sich auch an dem Vorhaben, die Lebenswelt einer sich neu konstituierenden Gesellschaft wieder religiös zu durchdringen und der Architektur wieder einen spirituellen Gehalt zu geben.
Leitbild Reduktion
Beiträge zum Kirchenbau in Deutschland von 1945–1950
Das Streben nach Reduktion zieht sich durch die verschiedenen Stilrichtungen und Strömungen der modernen Architektur. Mit Kriegsende wurde Reduktion in seiner Multidimensionalität auch zum gesellschaftlichen Leitbild in Deutschland. Darauf aufbauend widmet sich die Arbeit exemplarisch dem Kirchenbau dieser Zeit. Sie schließt eine architekturhistorische Forschungslücke und ordnet die dargestellten Beiträge in die Kirchenbaugeschichte des 20. Jahrhunderts ein.
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