Christoph Wagner, Birgit Ulrike Münch (Hrsg.)

Journal für Kunstgeschichte – Jahrgang 2022 Heft 2

Heft 2 von 2022

Vorwort der Herausgeber Kunst und Krieg Vor fast sieben Jahren, am 1. Juli 2014, hatte die ukrainische Künstlerin und feministische Aktivistin Maria Kulikovska bereits eine Performance gemacht, als die russischen Truppen die Krim angriffen. Auf den Treppenstufen der Eremitage in Sankt Petersburg hatte sie sich in eine ukrainische Flagge gehüllt und wie sterbend niedergelegt. Eine Verhaftung war die Folge. Nun wurde die Performance vor wenigen Tagen in Berlin wiederholt. Als 45-minütige Performance 254 – nach der damaligen Flüchtlingsnummer – vor der Neuen Nationalgalerie und eingeladen vom Direktor Klaus Biesenbach, war sie mehrere Tage lang und dreimal täglich zu sehen. Der Körper unter dem Flaggenstoff bewegte sich, als ob er schwer verletzt sei, man konnte teilweise eine Hand oder einen Fuß sehen, der sich unter dem Stoff hervorschob. Kulikovska hat bereits damals alle Einladungen von, Kontakte zu und Zusammenarbeiten mit russischen Galerien und Sammlungen abgebrochen. Die innerrussischen Gegenreaktionen gegen Putin, so [...]

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Reihe: 1. Auflage 2022, 104 Seiten, 17 x 24 cm, Broschur klebegebunden,

Erscheinungstermin: 27. Juni 2022
ISBN: 50212
Artikelnummer: 50212 Kategorie:

Vorwort der Herausgeber Kunst und Krieg Vor fast sieben Jahren, am 1. Juli 2014, hatte die ukrainische Künstlerin und feministische Aktivistin Maria Kulikovska bereits eine Performance gemacht, als die russischen Truppen die Krim angriffen. Auf den Treppenstufen der Eremitage in Sankt Petersburg hatte sie sich in eine ukrainische Flagge gehüllt und wie sterbend niedergelegt. Eine Verhaftung war die Folge. Nun wurde die Performance vor wenigen Tagen in Berlin wiederholt. Als 45-minütige Performance 254 – nach der damaligen Flüchtlingsnummer – vor der Neuen Nationalgalerie und eingeladen vom Direktor Klaus Biesenbach, war sie mehrere Tage lang und dreimal täglich zu sehen. Der Körper unter dem Flaggenstoff bewegte sich, als ob er schwer verletzt sei, man konnte teilweise eine Hand oder einen Fuß sehen, der sich unter dem Stoff hervorschob. Kulikovska hat bereits damals alle Einladungen von, Kontakte zu und Zusammenarbeiten mit russischen Galerien und Sammlungen abgebrochen. Die innerrussischen Gegenreaktionen gegen Putin, so sagt sie, sind zwar da, aber zu verhalten und zu leise. Auch wir, die wir in vielfältigen Kooperationen mit russischen und belarussischen Universitäten, Museen und Galerien seit vielen Jahrzehnten zusammenarbeiten, müssen uns fragen, wo das vielzitierte, aber doch nicht konkrete ‚Einfrieren‘ von Kooperationen temporär sein wird, oder auf einen langen Prozess hinausläuft. Nicht nur auf der vor wenigen Wochen eröffneten Biennale mit einem geschlossenen und ständig bewachten russischen Pavillon und zwei sehr wirkmächtigen ukrainischen Arbeiten, oder wie im Fall Kulikovskas in Berlin, in allen Bereichen werden unterschiedlichste künstlerische Reaktionen auf den russischen Überfall in der Ukraine sichtbar – man habe es mit einem ‚Blitzkrieg der Anprangerung‘ auch im kulturellen Bereich zu tun, wie es Dieter Roelstraete, Kurator am Neubauer Collegium for Culture and Society der University of Chicago, bezeichnete. Doch, so formuliert er, Kunst existiere nicht wegen, sondern trotz der Welt, die ihr gegenüberstehe. Benefiztage und Spendenaktionen laufen in vielen Städten, Museen wie das Deutsch-Russische Museum Berlin-Karlshorst denken über eine Namensänderung nach, Denkmäler, wie das Monument der Völkerfreundschaft und Wiedervereinigung aus dem Jahr 1982, ein ukrainisch-russisches Monument in Kiew, wurde Ende April entfernt. Wir sind aufgrund des russischen Angriffskrieges aufgefordert, uns die alte und vieldiskutierte Frage nach dem Machtbereich und der leider wieder neu zu stellen, und diesmal mit einem sehr aktuellen und für viele äußerst schmerzlichen und persönlichen Bezug. Umso mehr Russland in den aktuellen Kriegsgeschehnissen den Wertekanon der Völkergemeinschaft verlässt, umso deutlicher mahnt die russische Geschichte der Kunst, wie fruchtbar diese mit der gesamteuropäischen verbunden war: So analysiert Nadia Podzemskaia akribisch vergleichend die russischen und deutschen Ausgaben von Kandinskys kunsttheoretischer Schlüsselschrift Über das Geistige in der Kunst. Das Journal für Kunstgeschichte bietet darüber hinaus vielfältige weitere Themen: Eine dreibändige Veröffentlichung der privaten Korrespondenz Sophie Taeuber-Arps zwischen 1905 und 1942 besticht durch den persönlichen Austausch mit Familienmitgliedern und rückt bisher wenig bekannte Lebensetappen, wie die der Ausbildung in München, in den Fokus. Dreißig Jahre nach dem Mauerfall 1989 werden im Ausstellungskatalog Point of No Return Kunstschaffende der DDR, vom ‚Dissidenten‘ bis zum ‚Staatskünstler‘, präsentiert. Yvonne Schweizer erhellt die historische Entwicklung der Bewegtbilder in Kunstausstellungen um 1970. Mit der Publikation von Michaela Gugeler erscheint seit vielen Jahrzehnten wieder eine deutschsprachige Monografie über Édouard Vuillard. Angesichts der aktuellen Kriegsereignisse rückt für einen Moment aus dem Blick, wie sehr uns auch die drängenden Fragen zu Umwelt und Nachhaltigkeit als globale Herausforderung beschäftigen: Sybille Heidenreich thematisiert die Utopie der Nachhaltigkeit auf bildwissenschaftlicher, literaturwissenschaftlicher, politischer und ökologischer Ebene. Der von Kirsten Claudia Voigt herausgegebene Bildband über Tierdarstellungen in der Kunst gewinnt angesichts der aktuellen Diskussionen um den ‚Posthumanismus‘ eine überraschende Aktualität. Dem ‚Mythos Davos‘ spürt das Germanische Nationalmuseum und das Kirchner Museum Davos nach. In seinen Streifzügen durch die klassische Kunstgeschichte fragt Reinhard Liess nach den Formen der Schönheit und formuliert seine ‚Kritik an Picasso‘. Dass auch die Welt der Kunst kriminelle Delikte in sich birgt, nimmt die Publikation Kunst und Verbrechen zum Anlass, um auf den Spuren von Diebstahl, Fälschung, Geldwäsche, Raubkunst, Betrug und Erpressung durch die ältere und jüngere Kunstgeschichte zu führen. Nina Niedermeier untersucht die Strategien der Porträterfindungen und deren Funktionen in den Bildnissen der ‚beati‘ und ‚santi moderni‘. Ein wenig beachteter Essay des Religionshistorikers Henri-Charles Puech eröffnet neue Perspektiven für die französische Rezeption von Piranesis Carceri. Der Ausstellungskatalog des Museums Schnütgen in Köln thematisiert an den Handschriften aus Frauenklöstern die Beteiligung von Ordensfrauen an der mittelalterlichen Buchproduktion. Ein Sammelband beleuchtet interdisziplinär den Würzburger Fürstbischof Lorenz von Bibra und seine geistliche und weltliche Herrschaftam Vorabend der Reformation. Kuno Mieskes analysiert die Adelspalais, Stiftshöfe und Bürgerhäuser in Würzburg. Wir danken allen Autor*innen mit herzlicher Verbindlichkeit für ihre Beiträge und unseren Mitarbeiterinnen Celina Berchtold und Hannah Semsarha für die redaktionelle Unterstützung

Christoph Wagner, Birgit Ulrike Münch (Hrsg.)

Reihe: (ZJB-JOUR)
Sprache: Deutsch
Auflage: 1 2022
Medium: Heft
Einbandart: Broschur klebegebunden
Seitenzahl: 104
Format: 17 x 24 cm
Gewicht: 291 g
Erscheinungsdatum: 27. Juni 2022
ISBN: 50212
Verlag: Schnell & Steiner
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