Mitte des 13. Jh., zur Blütezeit der architekturgebundenen Kathedralskulptur, wird der ‚Ur-Atzmann‘ – wohl eine Erfindung des sog. Naumburger Meisters – als nobles Sängerpult in der Mitte des Westchores des Mainzer Doms aufgestellt. Für über 500 Jahre ist er das groß(artige) Pult, das umgangssprachlich Atzmann genannt wird, wie es im spätmittelalterlichen Liber Ordinarius des Doms heißt. Dieser Atzmann fand in liturgisch und politisch mit Mainz verbundenen Kirchen Nachfolger, wie z.B. in den Kathedralen von Naumburg, Straßburg und Würzburg. Die vorliegende Publikation erläutert die Genese des Begriffs ‚Atzmann‘, der zunächst für Wachs- und Wurzelfigürchen zu magischen Zwecken gebraucht wurde, ebenso wie die Entstehungsbedingungen und den historischen Gebrauch des Pultträgers. Dass mit ihm nicht nur im liturgischen Sinn ‚lautes Lob‘, sondern auch eine subtile christliche und politische Ikonographie verbunden war, wird auf der Basis eines Quellen- und Bestandskatalogs umfassend erläutert.
Der Atzmann
Stummer Diener für lautes Lob
Das Spätmittelalter war reich an außergewöhnlichen Skulpturen. Er gehört zu den Kuriositäten: der Atzmann. Als lebensgroßer stummer Diener in liturgischen Gewändern und einer Pultplatte in Händen war er offensichtlich darauf angelegt, die Grenze zwischen Skulptur und Mensch zu verwischen.
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