Vorwort der Herausgeber In Frankfurt hat die Buchmesse begonnen und Nachrichten über Bücher fluten die deutschen Feuilletons. Zu den erstaunlichsten Neuigkeiten zählte dabei die Mitteilung, dass der Markt für E-Books stagniert. Das fügt sich zu den Erkenntnissen der Leseforscher, die sich auf Einladung der litauischen Akademie der Wissenschaften in Vilnius versammelt hatten. Zentrales Ergebnis dieser vom Forschernetzwerk E-Read mitveranstalteten interdisziplinären Fachtagung ‚Das Buch, der Bildschirm und das lesende Hirn‘ war der empirische Beleg für die Unterschiede bei der Nutzung und Wahrnehmung digitaler und analoger Texte. Es gibt einen messbaren Unterschied bei der neuronalen Informationsverarbeitung, der durch die Darbietungsform des Textes bestimmt wird. Wissen, das im klassischen Medium des Buches dargeboten wird, haftet besser im Gehirn. Es gibt also gute Gründe dafür, dass Leser und Nutzer von Fachbüchern auch weiterhin auf deren Darbietung setzen. Das hat uns nicht daran gehindert, die alten Ausgaben des Journals mit der Unterstützung der Autorinnen und Autoren digital verfügbar zu machen. Sie sind, genau wie die Inhaltsverzeichnisse der aktuellen Hefte, unter dem Dach von arthistoricum.net auf den Servern der Universitätsbibliothek Heidelberg verfügbar (https://journals.ub.uni-heidelberg. de/index.php/jfk/index). Wichtiger als die Form der Darbietung ist und bleibt nämlich der Inhalt. Ihm haben wir uns mit dem auch weiterhin viermal jährlich in gedruckter Form publizierten Journal verschrieben. Bei Eröffnung der Buchmesse ergehen sich Politiker aller Parteien im Lob des Buches oder noch allgemeiner im Lob der Literatur. Das ist ein Fehler. Bücher sind nämlich nicht von vorneherein gut. Keine Frage, es gibt gute Bücher. Es gibt aber auch böse Bücher, die Hass sähen und schlechte Gedanken verbreiten. Vor allem aber gibt es schier unzählige schlechte Bücher. Das Buch ist also – egal ob digital oder analog – nicht per se gut. Das allein rechtfertigt die Existenz eines Rezensionsorgans wie des Journals für Kunstgeschichte. Zum Lob des Buches kommt nämlich, gerade in Zeiten der Messe, das Lob einzelner Bücher. Es gehorcht dabei vordringlich den Gesetzen der Reklame und begegnet in einer zum Oktober hin sprunghaft ansteigenden Flut von Hochglanzbroschüren. Auch eine Rezension kann Reklame bedeuten oder zu werblichen Zwecken genutzt werden. Kann im Positiven wie im Negativen Reklame bedeuten. Doch eine Rezension bedeutet mehr, indem sie sich eines Buches kritisch annimmt. Die unverzichtbare und wichtige Funktion der Besprechung wissenschaftlicher Neuerscheinungen besteht in der fachlich begründeten Kritik. Sie kann im besten Falle in ein detailliert begründetes Lob einmünden, durchaus aber auch einmal auf Fehler hinweisen oder geäußerte Thesen herausfordern und kritisch beleuchten. Auch eine kritische Besprechung ist dabei geeignet, als Gradmesser der Bedeutung einer Neuerscheinung zu dienen. Wo ein lebendiger akademischer Diskurs inhaltliche Auseinandersetzungen offenbart, findet Wissenschaft statt. Dabei kann das Journal nicht jedem neuen Buch Rechnung tragen. Wir sind und bleiben dabei auf aufmerksame Kolleginnen und Kollegen angewiesen, die uns mit ihrer fachlichen Kompetenz helfen, die Brennpunkte des Diskurses kritisch auszuloten. In diesem Heft reicht das Spektrum der Beiträge von einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Bestandskatalog der niederländischen Skulpturen im Suermondt- Ludwig-Museum Aachen, über die Rezension einer Neuerscheinung zu Kunst und Gedächtnis im mittelalterlichen Deutschland bis hin zu Neuerscheinungen zur deutschen Architektur des 17. und 18. Jahrhunderts, zu Jan van Eyck, zu Cornelis van Poelenburch und Christoph Thomas Scheffler. Auch die Kunst nach 1945 und die Neuen Medien werden in den Blick genommen, vor allem Neuerscheinungen zum Bereich des Films, aber auch die venezianischen Dogengräber, der Katalog der heute in alle Winde zerstreuten Gemäldegalerie in Oldenburg und die amerikanische Stilllebenmalerei. Die einzelnen Beiträge dieses Heftes setzen sich dabei nicht nur kritisch mit neuen Büchern auseinander, sondern nehmen ganz nebenbei die genannten Forschungsfelder in den Blick, die sie durch ihre eigenen Beiträge genauso bereichern wie dieses Heft. So haben wir auch an dieser Stelle wieder unseren Dank an die Autorinnen und Autoren des Journals abzustatten, in den wir auch gerne unsere Leser einschließen, die uns Besprechungen anbieten oder unserer Bitte nachkommen, von uns als wichtig erkannte Bücher zu besprechen. Dank gilt aber auch wieder jenen Mitarbeiterinnen in Regensburg und Stuttgart, die unsere Arbeit unterstützen. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit, auch mit all jenen kritischen Lesern, die meinen, dass in diesem Heft etwas fehlt. Rezensionsangebote und Hinweise auf notwendig zu besprechende Bücher sind und bleiben herzlich willkommen. Wer also liest und sich herausgefordert fühlt, zögere nicht, uns zu kontaktieren.
Journal für Kunstgeschichte – Jahrgang 2017 Heft 3
Heft 3 von 2017
Vorwort der Herausgeber In Frankfurt hat die Buchmesse begonnen und Nachrichten über Bücher fluten die deutschen Feuilletons. Zu den erstaunlichsten Neuigkeiten zählte dabei die Mitteilung, dass der Markt für E-Books stagniert. Das fügt sich zu den Erkenntnissen der Leseforscher, die sich auf Einladung der litauischen Akademie der Wissenschaften in Vilnius versammelt hatten. Zentrales Ergebnis dieser vom Forschernetzwerk E-Read mitveranstalteten interdisziplinären Fachtagung ‚Das Buch, der Bildschirm und das lesende Hirn‘ war der empirische Beleg für die Unterschiede bei der Nutzung und Wahrnehmung digitaler und analoger Texte. Es gibt einen messbaren Unterschied bei der neuronalen Informationsverarbeitung, der durch die Darbietungsform des Textes bestimmt wird. Wissen, das im klassischen Medium des Buches dargeboten wird, haftet besser im Gehirn. Es gibt also gute Gründe dafür, dass Leser und Nutzer von Fachbüchern auch weiterhin auf deren Darbietung setzen. Das hat uns nicht daran gehindert, die alten Ausgaben des Journals mit der Unterstützung der Autorinnen [...]