Christoph Wagner, Birgit Ulrike Münch (Hrsg.)

Journal für Kunstgeschichte – Jahrgang 2021 Heft 4

Heft 4 von 2021

Vorwort der Herausgeber 50 Jahre Why Have There Been No Great Women Artists? Linda Nochlins Essay Why Have There Been No Great Women Artists?, der 1971 quasi die Initialzündung für eine neue Sicht auf den Status der Künstlerin bot, feiert in diesem Jahr 50. Geburtstag. Die ironische Frage habe, so Nochlin in späteren Auflagen des Textes, eine Welle an kunsthistorischen Forschungsarbeiten provoziert, die versuchten, vergessene Künstlerinnen zu rehabilitieren oder wenig gewürdigte Künstlerinnen intensiver zu beforschen. Einerseits würdigt Nochlin diese Bestrebungen, aber gleichzeitig merkt sie kritisch an, dass damit das Fehlen künstlerischer Vertreterinnen von außerordentlichem Rang nicht hinreichend erklärt wird. Vielmehr suggeriere der Versuch, der Frage auf traditionelle kunstwissenschaftliche Weise entgegenzutreten, sogar, deren negative Implikation könne berechtigt sein. ‚Wir‘ schließen von der historischen Tatsache, dass ‚wir‘ keinen weiblichen Rembrandt oder Michelangelo kennen, auf die künstlerischen Fähigkeiten von Frauen im Allgemeinen, ohne die dahinter verborgene Logik anzuzweifeln, teilweise sogar ohne uns ihrer [...]

11,00 

Enthält 7% Mwst.
zzgl. Versand
Lieferzeit: ca. 2-3 Werktage

Reihe: 1. Auflage 2021, 96 Seiten, 17 x 24 cm, Broschur klebegebunden,

Erscheinungstermin: 22. Dezember 2021
ISBN: 50114
Artikelnummer: 50114 Kategorie:

Vorwort der Herausgeber 50 Jahre Why Have There Been No Great Women Artists? Linda Nochlins Essay Why Have There Been No Great Women Artists?, der 1971 quasi die Initialzündung für eine neue Sicht auf den Status der Künstlerin bot, feiert in diesem Jahr 50. Geburtstag. Die ironische Frage habe, so Nochlin in späteren Auflagen des Textes, eine Welle an kunsthistorischen Forschungsarbeiten provoziert, die versuchten, vergessene Künstlerinnen zu rehabilitieren oder wenig gewürdigte Künstlerinnen intensiver zu beforschen. Einerseits würdigt Nochlin diese Bestrebungen, aber gleichzeitig merkt sie kritisch an, dass damit das Fehlen künstlerischer Vertreterinnen von außerordentlichem Rang nicht hinreichend erklärt wird. Vielmehr suggeriere der Versuch, der Frage auf traditionelle kunstwissenschaftliche Weise entgegenzutreten, sogar, deren negative Implikation könne berechtigt sein. ‚Wir‘ schließen von der historischen Tatsache, dass ‚wir‘ keinen weiblichen Rembrandt oder Michelangelo kennen, auf die künstlerischen Fähigkeiten von Frauen im Allgemeinen, ohne die dahinter verborgene Logik anzuzweifeln, teilweise sogar ohne uns ihrer bewusst zu werden – bis heute. Wenn weder stilkritische Untersuchungen noch Künstlerbiografik zur Beantwortung der Frage helfen können, dann muss, so Nochlin nach neuen Ansätzen außerhalb des traditionellen kunsthistorischen Gedankengebäudes gesucht werden. Ihre Überlegungen formuliert sie in der wohl berühmtesten Passage ihres Essays: Sowenig, wie es bedeutende Künstlerinnen der Vormoderne gebe, gebe es auch keine Inuit – hier noch Kolonialistisch als Eskimos bezeichnet –, die Tennis spielen, oder litauische Jazz-Pianisten von Weltrang. Und ja, so Nochlin weiter, es gebe keine weiblichen Pendants zu Michelangelo oder Rembrandt, Picasso oder Matisse, oder sogar zu Willem de Kooning oder Warhol, genauso wenig, wie es schwarze Künstler gebe, die als Pendants der genannten gelten könnten. Mit dieser Feststellung ergab sich die Notwendigkeit, nach neuen Ansätzen jenseits traditioneller kunstwissenschaftlicher Forschung zu suchen, etwa erneut in Rückgriff auf Ernst Kris und Otto Kurz die Aufgabe des Denkmodells des Genies. Durch Aufdeckung der noch immer transportierten und implementierten Mythen der Lehrer-Schüler-Inthronisierung könnte mit dem marginalisierten Künstler auch die marginalisierte Künstlerin wiederentdeckt werden, auch wenn Ernst Kris und Otto Kurz dies 1934 mit ihrem Ansatz nicht intendiert hatten. Dass das „Great“ im Titel das Problem ist, ist oft diskutiert worden, aber wie können wir die anderen, in den Textquellen oft unerwähnt gebliebenen Künstlerinnen sichtbar machen, die in der Vormoderne in fast jeder Werkstatt mitarbeiteten? Statt nach dem weiblichen Michelangelo zu suchen, etwa den Begriff auf die Kunstschaffende oder die Partizipatorin am Kunstmarkt auszuweiten und so die vielen bislang nur schwer konturierbaren Frauen zu entdecken, die Großartiges in der Geschichte der Kunst geleistet haben. Wie immer bieten die Beiträge im Journal für Kunstgeschichte ein breites Spektrum vielfältiger Denkanstöße: Diese reichen in diesem Heft vom handbuchartigen Überblick über mittelalterliche Tabernakelschreine aus dem Zeitraum von 1150 bis 1530 über den Wissens- und Kulturtransfer an Ost- und Nordsee zwischen den Niederlanden und Schleswig-Holstein, weiter zum Versuch einer epochenübergreifenden Verknüpfung von Kunst und Literatur am Motiv des Herkules am Spinnrad sowie der mythologischen Figur der zur Spinne verwandelten Künstlerin Arachne. Während die Briefwechsel zwischen den Bildhauern Christian Daniel Rauch und Ernst Rietschel Einblicke in ihr künstlerisches Schaffen und das gesellschaftliche Leben in Berlin und Dresden 1829–1857 vermitteln, zeichnet sich in den Briefwechseln zwischen Sophie Taeuber-Arp und dem Basler Sammlerehepaar Annie und Oskar Müller-Widmann der Weg einer Künstlerin in einer Zeit des erstarkenden Nationalsozialismus ab. Die Anfänge der wissenschaftlichen Karriere von Richard Krautheimer während seiner Zeit als Privatdozent an der Philipps-Universität Marburg 1925–1933 werden nachgezeichnet. Der Philosoph Günther Anders tritt in seinen Texten zu Film, bildender Kunst, Künstlerbiografik oder Rundfunk als Kultur- und Kunsttheoretiker in Erscheinung. Anlässlich des 100. Geburtstags von Joseph Beuys rückt der Künstler in der Staatsgalerie Stuttgart als Raumkurator, in einer anderen Publikation mit seinem Multiple Intuition von 1968 in den Blick. Die raumfüllenden Zeichnungen der Künstlerin Toba Khedoori lassen nach dem Verhältnis von Bild und Zeichen fragen, die Bildtitel des in der DDR tätigen Bildhauers Wolfgang Mattheuers nach dem Verhältnis von Autonomie und Anpassung. In einer Doppelrezension zeigen sich schließlich die Spannungen im Verhältnis von Ost und West in Deutschland im Blick auf die Neueste Leipziger Schule sowie auf die polemische Kontroverse zwischen Neo Rauch und Wolfgang Ullrich. Wie stets danken wir herzlich unseren Autorinnen und Autoren für ihre Beiträge und unseren Mitarbeiterinnen Celina Berchtold, Anna Baumer, Carla Nadermann, Hannah Semsarha sowie Marzia Templeton für ihre redaktionelle Unterstützung

Christoph Wagner, Birgit Ulrike Münch (Hrsg.)

Reihe: (ZJB-JOUR)
Sprache: Deutsch
Auflage: 1 2021
Medium: Heft
Einbandart: Broschur klebegebunden
Seitenzahl: 96
Format: 17 x 24 cm
Gewicht: 270 g
Erscheinungsdatum: 22. Dezember 2021
ISBN: 50114
Verlag: Schnell & Steiner
Cover: Cover download

Folgende Downloads stehen für diesen Titel zur Verfügung:

To top